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Slattdalskrevan - steine Granitschlucht im schwedischen Nationalpark Skuleskogen

Slattdalsskrevan

Cornus suecica

Schichtenanschnitt bei Neiden

Lachswanderung im Neidelva

Felsheide

Diapensia lapponica

Empetrum hermaphroditum

Die Timaniden - eine mächtige Störungszone, die quer über die Varanger-Halbinsel läuft

Botanik am Straßenrand

Ein Steingarten  am Eismeer

Campanula rotundifolia

Silene acaulis

Salix reticulata

Minuartia spec.

Der Nordkappfelsen - 4 mal veralbert

An der Tana-Mündung

Moltebeere (Rubus chamaemorus)

Thymus tanaensis - ein Endemit am Tana-Fluss

Betula nana

Mageroya - Faszination Nordkappinsel

Salix lapponica

Coeloglossum viride

Rentierherde auf Varanger

Vegetation bei Vardö

Salix herbacea

 

Skandinavien:

Das alte Land

 

Wer Skandinavien und besonders den Norden kennt verbindet es unweigerlich mit Urwüchsigkeit. Und tatsächlich wird der Subkontinent von den ältesten Gesteinen der Erdgeschichte gebildet. Einige Male aufgeschmolzen, verwittert, geschliffen abgetragen, erneut gehoben und über Milliarden von Jahren gefestigt, trotzen die mächtigen Felsenstrukturen den nordischen Witterungseinflüssen. Gerade die besondere geologische Entwicklung hat skandinavischen Landschaftscharaktere hervorgebracht: Die Fjordküste Westnorwegens, hunderte Meter abstürzende Wasserfälle, unendliche Fjelllandschaften und grandiose Felsbildungen.


Den Grundsockel Skandinaviens bildet der Baltische oder Fennoskandische Schild. Hier herrschen magmatische (Ergussgesteine) und metamorphe (unter Hitze und Druck veränderte Sedimentgesteine) vor. Dieser Gesteinssockel ist das Ergebnis verschiedener Gebirgsbildungsprozesse wurde mehrfach durch Sedimentation überlagert und wieder freigelegt. Gneise aus dem Mesoarchaikum, die ältesten Gesteine finden wir im Nordosten des freiliegenden Schildes, also in Nordfinnland, Karelien, am Weißen Meer und auf der Halbinsel Kola.
Von Südosten her wird dieser Sockel von den Übersichtskarte zur geologisch-tektonischen Großgliederung Nordeuropas (Quelle: s. u.)Sedimenten der Osteuropäischen Plattform überlagert - oder sagen wir besser: Er taucht unter die nicht abgetragenen Sedimente der Plattform unter. Reste der Sedimentären Ablagerungen finden sich noch in Nord-Norwegen auf der Varanger-Halbinsel, wo sie allerdings durch tektonische Kräfte der Timaniden-Störung gefaltet und teilweise senkrecht gestellt wurden. Einige Reste sind ferner im Bereich der Großen Seen in Südschweden "liegengeblieben".
Von Nordwesten haben sich Gesteinsschichten der Kaledonischen Gebirgsbildung weit über den Festlandssockel geschoben und bilden den inzwischen eiszeitlich überprägten Gebirgszug der Skanden zwischen dem heutigen Schweden und Norwegen und große Teile der Südnorwegischen Gebirge um Jotunheimen.
Im Süden sinkt der Fennoskandische Schild an seiner starken tektonischen Störungen unterworfenen Randzone ziemlich steil unter mächtigen jüngeren paläozoischen und mesozoischen Schichten ab. Eine geologische Besonderheit in diesem Bereich ist der tiefe Einschnitt des Schildes im Bereich des Olso-Grabens zwischen Skagerrak und Mjösa-See, der mit paläozoischen Sedimenten und Magmatiten aufgefüllt ist.

Der Fennoskandische Schild setzt sich aud einer ganzen Reihe unterschiedlicher, zu verschiedenen Zeiten entstanden Gesteinen zusammen. Wie bereits erwähnt liegen die ältesten Gneise, Aufschmelzungsprodukte ozeanischer Kruste, in Nordosten des Schildes frei (ca. 3 Mrd. Jahre). Sie sind durchsetzt mit metamorphen "Grüngesteinsgürteln", ebenfalls sehr alten Gesteinen, die aus ozeanischen Sedimenten unter dem Einfluss magmatischer Hitze der aufsteigenden Gesteinsglut und unter dem Druck auflagernder Schichten umgewandelt und "verbacken" wurden.

An diesen "Urkontinent" schließen sich nach Südwesten hin jüngere Gesteinsschichten an (1,8-2 Mrd. Jahre), die durch unterschiedliche Gebirgsbildungsprozesse aus sedimentären und vulkanischen Ablagerungen gebildet, , gefaltet, verlagert und z. T. mehrfach verändert wurden. Lokale Umwandlungen, Aufbrüche und aufsteigende Granit-Gesteinsschmelzen (Intrusionen) führten im heutigen Mittelschwedischen und Südfinnischen Bereich (Svekofenniden) zu großen Erzanreicherungen. Dazu gehören z. B. Geologische Karte des Fennoskandischen Schildes mit den wichtigsten strukturellen Baueinheiten (Quelle: s. u.)die bedeutenden Lagerstätten um Kiruna und Falun (Schweden). Am Südwestrand der Svekofenniden kam es vor 1,6-1,8 Mrd. Jahren zu gewaltigen Überlagerungen durch granitische und porphyrische Schmelzen sowie aus Glutwolken abgesetzter Schmelztuffe. Dieser Transskandinavische Granit- und Porphyrgürtel erstreckt sich in einem breiten Streifen zwischen Smaland, Östergötland und Närke bis Süddalarna.
Der südöstliche Zipfel des Fennoskandischen Schildes im Südschweden ist durch wiederum jüngere Gesteine bestimmt, die im Ergebnis von Gebirgsbildungen vor 1,4-1,5 Mrd. Jahren entstanden und durch zahlreiche Störungszonen mit Granitintrusionen geprägt sind. Zu den Danopoloniden gehörren Regionen in der schwedischen Provinz Bleckinge und die Insel Bornholm.
Der Südwestliche Teil des Fennoskandischen Schildes, der große Teile des heutigen Südnorwegens und Südostschwedens umfasst gehört zu den Svekonorwegiden. Das kristialline Grundgebirge ist hier sehr heterogen und wurden durch Gebirgsbildungsprozesse vor 0,9-1,2 Mrd. Jahren geprägt (svekonorwegische oder dalslandische Gebirgsbildung). Aus hier kam es im Rahmen dieser Prozesse zu zahlreichen Granitintrusionen.

Diese kurz dargestellten Hauptbausteine des Fennoskandischen Schildes waren im Laufe ihrer Entwicklung zahlreichen Störungen unterworfen, mächtige Bruchzonen wurden gegeneinander vertikal und horizontal verschoben. Die Gesteinsblöcke wurden weit herausgehoben, wieder abgetragen, die entstehenden Sedimente überdeckten große Flächen und verschwanden durch Abtragung schließlich wieder, so dass das alte Grundgebirge geologisch insgesamt sehr heterogen ist.

Eines jedoch - und das ist besonders für die Vegetation entscheidend - ist recht einheitlich: Die Bodenbildungsprozesse führten fast ausschließlich zu äußerst kalkarmen, meist flachgründigen Substratschichten über massiven Felssockeln. Diese Besonderheit fällt dem Skandinavienreisenden sofort auf: für Straßentrassen mussten Durchbrüche gesprengt werden , die durch massive, später durch die Eiszeit rund geschliffene Felsstöcke führen. So werden am Straßenrand oft Faltungen, Brüche, Ergussstrukturen und Quarzgänge sichtbar, die die bewegte Vergangenheit der Gesteine dokumentieren. Lediglich in Teilen Südschwedens sind diese seltener und es herrschen tiefgründigere strukturreiche Böden vor.

Altpaläozoische Sedimente der Osteuropäischen Plattform

Die Plattformsedimente entstanden in einem Flachmeer, das mit der kaledonischen Gebirgsbildung verschwand. Die Schichtenfolge des "Kambrosilur" besitzt eine Mächtigkeit von wenigen hundert bis weit über tausend Meter und ist charakterisiert durch spezifische Ablagerungshorizonte, die auf unterschiedliche Meerestiefen schließne lassen. Unterste Schichten bilden Kalksteine und bitumöse, teils kohlenstoffreiche Stink-Schiefer aus dem Oberkambrium, Ordovizium und Silur, die in größeren Meesestiefen aubgelagert wurden. In mäßig tiefem Wasser wurden mehrfarbige, fossilreiche Trilobiten- und Brachiopodenreiche Kalke abgelagert. Im Flachwasser folgten die von gekammerten Weichtier-Schalen durchsetzten Orthocerenkalke, die im Ostseeraum recht weit verbreitet sind ("Donnerkeile"). Schließlich endet die Schichtfolge mit untersilurischen roten Sandsteinen, die teilweise bereits auf dem Festland abgelagert wurden.

Über großen Teilen des Fennoskandischen Schildes sind die eines weit verbreiteten kambrosilurischen Ablagerungen größtenteils wieder abgetragen. Vor allem aber im südöstlichen Randgebiet sind die Ablagerungen in regelmäßigen, recht ungestörten Schichten noch recht verbreitet. Sie bilden oft deutliche horizontale Schichtstufen, die ganz besonders auf den Inseln Öland und Gotland landschafts- und vegetationsprägend in Erscheinung treten. Der außergewöhnliche Fossilienreichtum der widerstandsfähigen Orthocerenkalke ist besonders an den dortigen Abtragungsküsten zu bewundern. Auf Öland erfolgt auf Grund unterschiedlicher Farbnuancen von grün über grau bis rot sogar der Abbau als Schmuckstein.

Die skandinavischen Kaledoniden

Die Gesteine des Fennoskandischen Schildes werden im Westen und Nordwesten durch tektonische Decken der kaledonischen Gebirgsbildung (Kaledoniden) im Silur überlagert.
Am Westrand des Fennoskandinavischen Schildes entstanden vor 600 bis 700 Millionen Jahren mehr als 3000 m mächtige Sedimentschichten in einem sich mit der Trennung der Landmassen Laurentia (heutiges Nordamerika) und Baltika (heutiges Nordeuropa) absenkenden Meeresbecken (Sparagmitbecken).
Die Sedimente wurden schließlich tief versenkt, aufgeheizt und verschmolzen. Die Gesteinsschmelzen stiegen wieder auf und erstarrten in höheren Schichten.
Durch erneute Kollision der Landmassen Laurentias und Baltikas wurden die umgeschmolzenen Gesteinsschichten gefaltet und teilweise über hunderte Kilometer auf den Westrand der Fennoskandischen Schildplatte geschoben.
Mit Nachlassen der Kollisionskräfte sanken am Westrand tiefe Gräben ein, die mit dem Schutt des bereits wieder errodierenden Gebirges gefüllt wurde. Durch Abtrag der metamorphen Grabenränder wurden die bunten, äußerst festen und verdichteten Sedimentgesteine schließlich herauspräpariert und bildeten steilwandige Gebirgsmassive. Das alte kaledonische Gebirge war wahrscheinlich schon im Jungpaläozoikum bis auf wenige Reste wieder abgetragen.
Der Grundsockel ("Stumpf") wurde jedoch im späten Mesozoikum und Tertriär erneut zu einem Hochgebirge angehoben, das heute die Bergmassive des Skanden bildet. Im Gebiet des Jotumheimen erreichen die Gebirgsmassive heute noch Höhen von über 2400m. Charakteristisch sind die weiten Felsplateaus, die kilometerweit ohne größere Reliefunterschiede die Landschaft prägen.


Die besondere Geologie Skandinaviens, die ein recht einheitliches Vorkommen metamorpher Gesteine bescheinigt und die damit verbundene Bodenbildung sollten auf großen Flächen einheitliche Standortverhältnisse bedingen. Für den Überwiegenden Teil des Gebietes trifft das auch zu.

Dennoch ist die Vegetation Skandinaviens und seiner Gebirge von einigen Besonderheiten geprägt, die die Folge anderer ökologischer Einflüsse auf die Standorte sind:

Zunächst ist das Zusammenspiel der arktischen und der höhenbedingten Baumgrenze je weiter man nach Norden vorankommt von großer Bedeutung. Die Baumgrenze wird im Wesentlichen von der Fjellbirke (Betula tortulosa) gebildet, die teilweise schon mit der sich anschließenden "typisch skandinavischen" breiten Grauweidenzone mit Salix lanata, S. glauca und S. lapponica verflochten ist, die auf Plateaus schon mal einige Hektar einnehmen kann.

Das atlantisch geprägte Klima der Westseiten der Skandinavischen Gebirgskette unterscheidet sich gravierend von dem an den Ostseiten und im schwach reliefierten Plateau Lapplands. Dieses klimatische West-Ost-Gefälle wird durch den Golfstrom, der weit nordwärts entlang der Skandinavischen Westküste zieht, maßgeblich beeinflusst. Zum einen werden die Wintertemperaturen durch den Einfluss der warmen Meeresströmung deutlich gemildert, zum anderen führt das Aufsteigen der feuchten Meeresluftmassen an der Westseite der Gebirge zu erheblich größeren Niederschlagsmengen. Das skandinavische Inland ist dagegen trocken, kühl und an exponierten Stellen windgeschliffen und damit maßgeblich kontinental beeinflusst. Im Nordosten Finnlands und Norwegens trifft man dann bereits auf die ersten Palsen- oder Aapa-Moore, typische Moorbildungen der kontinentalen Dauerfrostböden.

Von Süden nach Norden ändert sich die sommerliche Belichtungsdauer vom Langtag bis zum Dauertag.

Schließlich spielen standörtliche Besonderheiten, wie zum Beispiel das Vorkommen von neutralen bis basischen Metamorphgesteinen und besonders Kalk oder Dolomit eine ganz wesentliche Rolle für den floristischen Reichtum. Schon Aufwehungen muschelschalenreicher Sande an küstennahen Standorten haben oft verblüffende Vegetationswechsel und einen großen Artenreichtum zur Folge. Gerade solche Dünenaufwehungen beherbergen oft isolierte Vorkommen von Arten, die ihre Hauptverbreitung erst in weiter entfernten Gegenden haben. Für den kontinentalen Bereich sei hier z. B. das Naturschutzgebiet … bei Hamningberg (Varanger-Halbinsel) genannt in dem der Sibirische Spitzkiel und … vorkommen. Auf der Westseite der atlantisch und Golfstrom-beeinflussten Lofoteninseln findet man auf küstennahen Dünenaufwehungen isolierte Vorkommen von …. Insgesamt erinnern vor allem einige der schafbeweideten Strandwiesen eher an alpjne Matten mit Salix reticulata, Dryas octopetala, Anthyllis vulneraria und Gentiana germanica als an subboreale Gesellschaften. Nicht unbedingt spielt dabei offensichtlich der Kalk als solcher die entscheidende Rolle. Vielmehr reißt die "Aufkalkung" an solchen Stellen Lücken in den teilweise dichten Bewuchs aus kalkfliehenden Krähenbeeren-, Heidelbeeren- und Zwergweidenspalieren auf den weit verbreiteten rohhumusreichen sauren Böden und gibt suboptimale Wuchsorte für andere Arten frei, die den Kalk tolerieren können. Ein gutes Beispiel hierfür ist das Vorkommen von Spitzbergen-Arten wie Purpurkresse, … an einem Dolomitrücken auf der Nordkapp-Insel Magaröya, der seit jahrtausenden der Abtragung trotzt. Die genannten Kalkflieher geben auf den Kalkschutt- und Schluffböden Pionierstandorte frei, die diese toleranteren Arten konkurrenzlos besiedeln können. Sogar die Alpenzwergorchis hat hier einen ihrer wenigen nordischen Standorte.

Von großer Besonderheit sind die fast ungestörten verbliebenen Ablagerungen des osteuropäischen Plateaus, die vor allem im Südosten Skandinaviens zu finden sind. So gelten die flachen, von kambrosilurischen Schichtenfolgen geprägen Inseln Öland und Gotland seit jeher als geologische und botanische Highlights. Die Inseln sind durch ihre Lage in der Ostsee und durch den Kalksockel klimatisch sehr begünstigt. Dazu kommt, dass die kleinklimatischen Bedingungen eine Reihe unterschiedlicher Lebensräume geschaffen haben. Die Vegetation vereint daher Florenelemente unterschiedlicher Herkunft und ist durch besonderen Artenreichtum geprägt.

Letztendlich führen die genannten ökologischen Bedingungen zu einem reichen, wenn auch teilweise grobem Standortmosaik. In den Südskandinavischen Gebirgen sind vor allem die Höhenstufen, flächigen Plateaulagen und tief eingeschnittenen Flusstäler, im Bereich des nord-südlich verlaufenden Skanden-Gebirgskammes, sozusagen im Grenzgebiet zwischen Schweden und Norwegen sind vor allem atlantische und kontinentale Einflüsse und an den Küsten sind vor allem Bodenbesonderheiten und das milde Golfstrom-Klima maßgebliche Faktoren, die auf die Vegetationstrukturen wirken.

 

Lit. und Abb.:
Scholz, H., Obst, K.: Einführung in die Geologie Skandinaviens (in Geologische Rundschau 56 (2004) Heft 2


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