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Die temperierten Hochgebirge

der Südhemisphäre

 

Auf den geringen Landmassen der Südhalbkugel sind Hochgebirge rar, wenn man sie in den temperierten Bereichen sucht. Vom 40. Breitengrad südwärts findet man nur die südlichen Ausläufer der Anden und die Neuseeländischen Alpen. Auf der Nordhalbkugel müßte man bei einer Weltumrundung auf dem entsprechenden Breitengrad die Rocky Mountains, Pyrenäen, Alpen, Kaukasus und den Tienshan überqueren.
Den Südanden und Neuseeländischen Alpen ist eine ozeanische West- und eine trockenere Ostseite eigen, wobei die nur wenige Kilometer von der Küste entfernte Westflanke des Gebirges auf der Südinsel Neuseelands bis zu 6400 mm Niederschlag erhält. Das sind fast 6000 mm mehr, als an einigen Stellen der Ostseite registriert werden. Wälder, soweit sie vor dem Einwirken des Menschen vorhanden waren, erstreckten sich dort in einem etwas feuchteren Höhenbereich zwischen 600 und 1200 m. Heute ist Tussock-Grasland der beherrschende Vegetationstyp.
Ganz anders sieht die feuchtigkeitsbegünstigte Westflanke aus. Bis zur Waldgrenze in 1100 m Höhe gedeihen immergrüne Wälder. In der montanen Stufe dominieren darin hochwachsende Bäume, wie Nothofagus fusca und Weinmannia racemosa, die reich mit Epiphyten besetzt und von Lianen berankt sind. In der orealen Stufe werden sie von immer kleiner werdenden Bäumen abgelöst. Dazu gehören hauptsächlich Arten der Steineibengewächse (z. B. Podocarpus hallii und P spicata) und die gleichfalls bis an die Waldgrenze reichenden Südbuchen. Auf der trockenen Ostflanke ist das Nothofagus solandri und im ozeanischen Westen die Silber-Südbuche (N. menziesii). Viele der zum Wald gehörenden Bäume erreichen mit zunehmender Meereshöhe nur noch die Größe von Sträuchern und bilden schließlich gemeinsam mit echten Sträuchern subalpine Gebüsche, die ihre Grenze in 1250 m Höhe finden. Hier kommen zu den Steineiben noch Sträucher aus Gattungen, die, wie Olearia und Celmisia (beide Korbblütengewächse) oder die Strauchehrenpreis-Arten (Hebe), nur in Australien und Neuseeland vorkommen. Mit der Epacridaceen-Gattung Drachenblatt (Dracophyllum) gibt es hier auch ein Pendant zu den in dieser Höhenstufe üblichen Heidekrautgewächsen, die zu der australisch-antarktischen Familie sehr enge verwandtschaftliche Beziehungen haben.
An die Strauchgesellschaften schließen sich hohe Grasfluren an, die als Snowtussock bezeichnet werden. Ihre Erscheinung wird von den hohen Horsten des Schneegrases (Chionochloa) geprägt.
Die alpine Stufe (bis 2000 m) weist Vegetationsformen auf, die den temperierten Hochgebirgen der Nordhemisphäre im Aussehen gleichen: Gesteinsrasen mit großer Bodendeckung, Geröllfluren mit maximal 50% bedecktem Boden, Schneetälchen und Polsterfluren. Die gleichen ökologischen Bedingungen haben gleiche Anpassungen hervorgebracht. Die Gattung Celmisia ist in dieser Vegetation mit Rosettenstauden vertreten, und dicht behaarte Polster werden von Paoulia (gleichfalls ein Korbblütengewächs) gebildet.
In den Südanden reichen die von der CoihneSüdbuche (Nothofagus dombeyi) beherrschten Bergwälder bis zu 1400 m Höhe. Den Wäldern tieferer Lagen sind Nadelholzarten beigemischt, deren Gattungen ebenso wie die Südbuchen nur auf der Südhalbkugel vorkommen: Araucanä, Fitzroya, Saxegothea.
Auf Nothofagus trifft man in nahezu allen Gehölzformationen bis über die Waldgrenze hinaus. Den subalpinen Gebüschen, die aus südamerikanischen Berberitzen-, Johannisbeer- und Krähenbeer-Arten sowie Baccharis (Korbblütengewächse) und Pernettya bestehen, sind auf der patagonischen Seite laubabwerfende, krummholzartige Südbuchen beigemischt. Vor allem die Zwerg-Südbuche (Nothofagus pumilio) und die in der Landessprache Njiro genannte N. antarctica, fallen in den Gebüschen auf. Der Njiro ist von allen patagonischen Südbuchen die kleinste und nimmt mit den schlechtesten Böden und schwierigsten Standorten vorlieb. Nur selten erreicht er eine Höhe von 10 m, meist mißt der von Natur aus krumm wachsende Baum nur 3 bis 6 m und geht in seinem Wuchs in der subalpinen Stufe bis zur Größe eines Spalierstrauches zurück. Auf besseren Böden hat er nur nach Waldbränden als Pionierholz eine Chance.
Alpine Pflanzen dieses Gebietes haben wie die o. g. subalpinen Sträucher europäisch klingende Gattungsnamen, u. a. Fettkraut, Greiskraut, Storchschnabel und die Gräser Fuchsschwanz, Schmiele, Goldhafer. Die aus dem tropischen Teil der Anden bekannten Azorella-Polster kommen auch hier noch vor.

Lit.: URANIA-Pflanzenreich / Vegetation, 1. Auflage 1995

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