Vegetation der Alpen

 

 

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Die Alpen

Die Alpen als europäisches Zentralgebirge mit ihrer großen Vielfalt an Lebensräumen sind Heimat einer großen Anzahl von Gebirgspflanzenarten. Die Vielfalt der Vegetation entstand mit der Vielfalt der Gesteine, die die Alpen aufbauen und der Besiedlungsgeschichte mit dem Wechsel der Warm- und Kaltzeiten seit dem Tertiär.
Aber auch die klimatischen Unterschiede entlang der Gebirgskette sind Ursache für die vielfältige Pflanzenwelt. Die West-Ost-Ausdehnung des Gebirges bedingt zum einen die Abnahme des Einflusses maritimen Klimas, die großen Höhenunterschiede der einzelnen Gebirgsketten gleichzeitig die Bildung von Höhenklimastufen.
Der geologische Aufbau der Alpen füllt Bände von Büchern und hat so manchen Geologie-Studenten zur Verzweiflung getrieben. Es ist auf dieser Seite auch nicht beabsichtigt, dieses Thema umfassender aufzugreifen. Dennoch ist zum Verständnis der geografischen Verbreitung alpiner Pflanzenarten ein kurzer Abriss notwendig. Fachgeologen mögen mir verzeihen, dass ich die Verhältnisse hier sehr stark vereinfache.
Die Alpen sind ein sogenanntes Falten- und Deckengebirge. Durch den (sehr langsamen aber heftigen) Aufprall der arfrikanischen auf die europäische Platte entstanden, begann der Gebirgsbildungsprozess vor ca. 150 Mio Jahren im Erdzeitalter des Oberjuras und dauert bis heute an.
Durch den Druck der Plattenverschiebungen wurden die ehemals gleichmäßig abgelagerten Schichten eines Urmeeres, des sog. Tethys-Meeres, deren Bildung ihrerseits vor 250 Mio Jahren im Perm begann, zerbrochen, gefaltet und wie Schichtplatten übereinandergestapelt. Auf diese Weise wurden die ursprünglich südlich liegenden Teile über die nördlichen geschoben.
Man muss sich die Verschachtelung und Stapelung der Schichtplatten grob gesehen also so vorstellen, dass die südlichsten Schichtenstapel über mittlere Schichtenstapel und diese wiederum über die nördlichen Schichtenstapel des Urmeeresbodens geschoben wurden. Doch damit nicht genug: Diese gestapelten ostalpinen Schichtenstapel wurden ihrerseits über das Penninikum, den nördlichen Urboden des Meeres geschoben. Dieser Ozeanboden wurde dadurch in die Erdkruste versenkt, nur wenige "abgerissene Teile" blieben als Reste in den heutigen Alpen übrig. (z.B.Gebiet um den Großglockner). Dieser ganze zerbrochene, zusammengestauchte und gefaltete Gesteinswall glitt auf den Urgesteinskörper, die nördlichen Grundgebirgsmassen der eurasischen Platte auf und schob sich teilweise darüber.
Nun passierte dieser ganze Prozess natürlich nicht gleichmäßig entlang der südlichen Kante der eurasischen Platte. In den Ostalpen wurde der Gesteinswall viel weiter nach Norden geschoben als in den Westalpen. Hinzu kommt, dass die weniger übergeschobenen Schichtenplatten im Westen schneller verwitterten und darunterliegende Gesteinsschichten wieder freigaben. Hier herrschen also ältere Schichten vor, das sogenannte Helvetikum und Teile des nördlichen Urmeeresbodens, des Penninikums.
Die Ostalpen werden in großen Teilen durch relativ junge Sedimentschichten geprägt, die nördlichen und die südlichen Kalkalpen. Die Sedimentschichten der heutigen nördlichen und südlichen Kalkalpen entstanden im Mesozooikum vor 200 Millionen Jahren. Die oben aufliegenden jüngsten Schichtenplatten wurden im Laufe der Gebirgsbildung weit nach Norden geschoben und bilden die nördlichen Kalkalpen. Die Abrisse der Schichtenplatten sind am heutigen Südrand der Alpen verblieben und bilden die südlichen Kalkalpen. Eine Besonderheit bilden darüberhinaus die Dolomiten, die es lohnt selbstständig zu behandeln.
Dieser Steinhaufen, in dem Sedimentschichten senkrecht stehen, herausgehoben wurden, übereinandergestapelt und gekippt wurden und zwischen denen Urgesteinsanteile hochgedrückt wurden, sind also die heutigen Alpen - ein relativ junges Gebirge mit großer Gesteinsvielfalt.
Natürlich erfolgte dieser Prozess des Gebirgsaufbaus nicht ohne den gleichzeitigen Zerfall. Verwitterung und Abtragung der unterschiedlich harten Gesteinsschichten an der Oberfläche. Zudem haben die eiszeitlichen Gletscher als riesige Eishobel aus dem Steinhaufen die Alpen geformt, wie wir sie kennen. Die schroffen Kämme als stehengebliebene harte Schichten, die sanften Gebirgszüge aus weicherem Material und schließlich die Bodenbildung in den Tälern zwischen den geologisch unterschiedlich alten Alpenketten verschiedenster Grundgesteine haben die Vielfalt der Standorte für die weltbekannte reichhaltige Gebirgsflora entstehen lassen.
Mit dem Wechsel der Warm- und Kaltzeiten wanderten Pflanzen in das Gebirge ein, wurden wieder verdrängt, passten sich den schwierigen Bedingungen im Hochgebirge an und veränderten sich im Vergleich zu ihren Vorfahren. Diese stammten mit großer Wahrscheinlichkeit aus drei Hauptgebieten: aus den Hochgebirgen Asiens (insbesondere Primelarten), Nordafrika und dem hohen Norden.
Auf der Südseite der Alpen und den heutigen Gebirgen des Balkans und der Rhodopen blieben im Laufe der wechselnden Vereisungen viele Gebiete, insbesondere steile Felslagen und niedrige Gebirgslagen, eisfrei. Kälteangepasste Pflanzenarten konnten hier über verschiedene Perioden der Wärme- und Kaltzeiten hinweg überdauern. So gelten z. B. die Gattungen Haberlea und Ramonda in den Rhodopen als echte Tertiärrelikte, sozusagen als die alteingesessensten Pflanzenarten.

Studiert man die heutige Pflanzenverbreitung in den Alpen wird man feststellen, dass es gerade im Bereich der Südalpen viele Gebiete gibt, die sogenannte Endemiten beherbergen - Pflanzenarten die nur hier vorkommen. Um so schwieriger ist es, all die besonderen Standortbedingungen im speziellen zu betrachten. Grundsätzlich ist jedoch eine maßgebliche Trennung in zwei Gruppen möglich: Vegetation der Kalkalpen, also der basischen Standorte sowie die Vegetation der Silikatalpen auf neutralen bis sauren Urgesteins- und Metamorphgesteinsstandorten.

Wo fängt man also an bei so einer Vielfalt: Nordalpen - Südalpen, Ostalpen - Westalpen? Am besten man stürzt sich mittenrein - also in die Zentralalpen und in den Grenzbereich der Ost- und Westalpen und landet ungefähr im westlichsten Österreich und der östlichen Schweiz.

Als Botaniker hatte ich viel gehört vom Montafon, dem Tal der Blumen im österreichischen Bundesland Vorarlberg. Ein guter Grund, hier in die Alpenflora einzusteigen...


 


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