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Ein wenig Pflanzengeografie...


Die Vegetation der Erde lässt sich in verschiedene Zonen einteilen. Die Zonierung steht in enger Verbindung mit verschiedenen klimatischen Einwirkungen, die weltumspannenden Gesetzmäßigkeiten des Luftkreislaufes folgen. Eine gute Zusammenfassung dieser globalen Verhältnisse findet man bei SCHUBERT 1985:

"Im Frühjahr oder Herbst steht die Sonne um 12 Uhr senkrecht über dem Äquator, sie steht im Zenit. Die Luft wird deshalb über dem Äquator am stärksten erhitzt und steigt nach oben. Durch die aufsteigende Luftströmung entsteht an der Erdoberfläche eine Zone geringeren Luftdruckes. Beim Aufstieg kühlen sich die Luftmassen ab und es kommt einige Zeit nach dem täglichen Sonnenhöchststand zu den Zenitalregen. Die Luftmassen selbst fließen in größerer Höhe nach Norden und Süden ab und senken sich dabei etwa am 40. Breitengrad wieder zur Erde nieder. Diese absteigenden Luftmassen erwärmen sich beim Absinken und werden dabei sehr trocken. Wie am Äquator kommt es zu windstillen Kalmenzonen, die hier als Roßbreiten bezeichnet werden und sich durch hohen Luftdruck und Niederschlagslosigkeit auszeichnen. Von diesen Zonen hohen Luftdruckes strömen die Luftmassen an der Erde wieder zur Tiefdruckzone am Äquator. Die Winde werden dabei durch die Erdrotation auf der Nordhalbkugel nach rechts und auf der Südhalbkugel nach links abgelenkt, es entstehen auf diese Weise der Nordost- und der Südostpassat.
In den höheren Breiten (50 bis 60°) herrschen Westwinde vor, die vor allem auf der Südhalbkugel mit großer Regelmäßigkeit wehen. In den Polargebieten herrscht wieder eine östliche Windrichtung, da hier die kalte Polarluft von den Polarkalotten äquatorwärts abfließt. An der Grenze zwischen der Polarluft und der wärmeren Luft der niederen Breiten kommt es ständig zur Ausbildung großer Wirbel, die als Zyklonen, als Tiefdruckgebiete, vom Westen nach Osten wandern, dabei mehr oder weniger weit nach Süden übergreifen und sich allmählich auflösen. Durch die Berührung von kalten und warmen Luftmassen kommt es im Bereich der Zyklonen zu den zyklonalen Regen. Während diese Regen an keine Jahreszeit gebunden sind, fallen die Zenitalregen nur, wenn die Sonne im Zenit steht. Da sich jedoch der Sonnenstand im Laufe des Jahres ändert und die Sonne im Nordsommer ihren Zenitstand über dem nördlichen Wendekreis und im Südsommer über dem südlichen Wendekreis hat, werden sich die Zone der Zenitalregen und überhaupt die beiden Luftströmungswalzen um den Äquator einmal nach Norden und einmal nach Süden verschieben. Damit erfährt allerdings auch das Gebiet der zyklonalen Regen eine gewisse Verlagerung; so greifen die Zugstraßen der Zyklonen im Winter der Nordhemisphäre bis fast zum 40. Breitengrad nördlicher Breite aus."

Dieser idealisierten Darstellung ist nichts hinzuzufügen.
Abweichend vom Ideal unterliegt dieser Luftkreislauf jedoch den verschiedensten Einflüssen, von denen insbesondere die unterschiedliche Verteilung von Land- und Wasserflächen auf der Nord- und Südhalbkugel, die damit verbundenen Aspekte der Wärmespeicherung und -abstrahlung (Kontinentalität), und die Niederschlagsverteilung infolge der Barrierewirkung der Gebirge zu nennen sind. Eine detaillierte Erörterung würde hier zu weit führen, dennoch ist es wichtig, den Zusammenhang zwischen dem Weltwindsystem, den Klimazonen und den Vegetationszonen zu erkennen, will man sich den Fragen natürlicher Pflanzenstandorte nähern. So ganz nebenbei kann man sich hinsichtlich der globalen Gesetzmäßigkeiten an dieser Stelle auch einmal die Auswirkungen der weiteren irreparablen Reduzierung der tropischen Regenwälder als Urzellen weltklimatischer Einflüsse vor Augen halten…

Kurzum, mit dem Gesagten ist die klimabezogene Vegetationsgliederung kurz umrissen.

Als wäre das alles nicht schon bunt genug, gesellen sich bei der Analyse der Vegetationsverhältnisse auf der Erde dazu noch pflanzengeographische Aspekte historisch-genetischer, ökologischer und floristischer Natur:

Die historisch-genetische Entwicklung der Vegetation bzw. der Flora ging mit den erdgeschichtlichen Entwicklungsperioden einher. Die Besiedlung der Meere und des Festlandes durch die Pflanzen, die Weiterentwicklung erfolgreicher Anpassungen, Evolution und Abspaltung von Sippen waren der Trennung von Wuchsarealen, insbesondere dem Auseinanderbrechen des Urkontinents unterworfen. Die immer weitere Trennung der Areale, die fortschreitende genetische Isolierung von Pflanzensippen, die teilweise gleichzeitige Entwicklung der Tierwelt (hierzu zählen auch die jungen Einflüsse der Menschheitsentwicklung) und die Entstehung klimatisch bedingter unterschiedlicher naturhaushalterischer (ökologischer) Bedingungen in den Arealen mündet schließlich in der Entstehung unterschiedlicher Pflanzengemeinschaften, die wir heute den sechs Florenreichen zuordnen. Die geotektonisch geprägte Arealtrennung als "gröbstes Raster" erfolgte im Rückschluss aus vielen geologischen, geografischen und auch floristischen Tatsachen offensichtlich von Süd nach Nord. Während die Landmassen der Nordhalbkugel fast vollständig dem Florenreich der Holarktis zuzuordnen sind, gehören die Landmassen der Südhalbkugel zu den verbleibenden Florenreichen. In der Nähe des Äquators erfolgt die Zuordnung zunächst in die Palaeotropis und die Neotropis, nach Süden zu schließlich in die Kapensis, die Australis und schließlich die Antarktis.


Die Holarktis umfasst die gesamte Nordhalbkugel mit Ausnahme der Tropen. Sie ist floristisch eine relativ einheitliches Gebiet. Floristische Hinweise darauf gibt die Einnahme des Gesamtareals durch die Familie der Aceraceae, die Gattung Betula und sogar einige Arten (z. B. Cardamine pratensis, Parnassia palustris).
In Bezug auf die angrenzenden Florenreiche fast ausnahmslos auf die Holarktis beschränkte Familien sind die Aceraceae, Brassicaceae, Campanulaceae, Caryophyllaceae, Fafaceae, Betulaceae, Berberidaceae, Rosaceae, Salicaceae, Saxifragaceae, Sparganiaceae, Apiacea, Primulaceae. Sie besitzen hier ihre Hauptverbreitung, sind aber durch einige wenige Arten oder Gattungen auch in den außertropischen Breiten der Südhalbkugel vertreten.
Innerhalb der Holarktis, wie auch in den nachfolgenden Florenreichen, werden verschiedene Florenregionen unterschieden, deren floristische Prägungen vor allem auf die eiszeitlichen Entwicklungen und die heutigen klimatischen Unterschiede der Ost- und Westseiten der Kontinente und Insellagen zurückzuführen sind.

Die Neotropis umfasst vor allem die Subtropen und Tropen der Neuen Welt, also Mittel- und Südamerikas. Zur Paleotropis verbindene Pflanzenfamilien sind z. B. die Palmaceae, Araceae, Musaceae, Gesneriaceae, Zingiberaceae oder die Lauraceae. Daneben gibt es die fast ausschließlich auf die Neotropis beschränkten Familien z. B. der Tropaeolaceae, Bromeliaceae, Cannaceae und, am bekanntesten von allen, die Riesenfamilie der Cactaceae, die nur mit einer Handvoll Rhipsalis-Arten in Afrika vorkommt.
Gleiches wie für die Familien trifft auch beispielsweise auf die bekannten Gattungen Yucca, Agave und Fuchsia zu.

Die Palaeotropis umfasst die Tropen und Subtropen der Alten Welt, also vor allem Afrikas und Südasiens. Als zweitgrößtes Florenreich ist es dennoch das artenreichste. Wesentliche, zur Neotropis vermittelnde Familien sind beispielsweise die der Cycaceae oder der Moraceae. Spezifisch palaeotropische Familien sind z. B. die Nepenthaceae, Pandanaceae und die Balsaminaceae. Als spezifische und auch bekannte Besonderheit gelten die Vorkommen stammsukkulenter Euphorbiaceaen, die gleiche Lebensräume wie die Cactaceae der Neuen Welt besiedeln.
Die Paleaeotropis wird aufgrund Ihrer differenzierten Florencharaktere in die zwei "Unterreiche" Indoafrikanische Palaeotropis mit den Gebieten Afrikas und des indischen Halbkontinents und Malesische Palaeotropis mit den indonesien bis hawaiianischen Gebieten unterteilt. Darin werden wieder mehrere Florenregionen unterschieden.
Statistisch treten 47% der tropischen Gattungen in der Paleotropis, 40% in der Neotropis und nur 13% in beiden Florenreichen auf.


Zur Australis gehören Australien und Tasmanien. Das australische Florenreich nimmt eine Sonderstellung ein, die mit der sehr frühen Abtrennung des Australischen Kontinents begründet wird. Die lange Isolation und dynamische Eigenentwicklung der Pflanzenwelt hat zur Folge, dass von den ca. 10 000 vorkommenden Arten ca. 8600 als endemisch gelten. Wenngleich kaum größere endemische Familien vorkommen, sind doch einige Familien oder Gattungen fast nur hier verbreitet. Dazu gehören vor allem die Casuarinaceae und die Gattung Eucalyptus aus der Familie der Myrtaceae mit etwa 500 Arten. Spezifisch australische Entwicklungen sind die Phyllodien tragenden Acacien (Mimosaceae) oder die eigentümlichen Grasbäume der Gattung Xantorrhoea (Liliaceae).

Die Kapensis umfasst eigentlich nur die Südspitze Afrikas und ist damit das kleinste Florenreich. Trotzdem ist es durch eine große Artenzahl (6000 Arten) und vor allem vielen Besonderheiten an Pflanzenformen und Endemiten gekennzeichnet, so dass seine Eigenstellung nie umstritten war. Spezifische Familien sind die der Penaceacaea und der Geissolomaceae, weit überwiegende Verbreitung haben die Oinaceae und die Hydrostachyaceae. Zu weiter verbreiteten Familien gehören die typischen Südafrika-Gattungen Mesembryanthemum (Aizoaceae), Amaryllis und Clivia (Amaryllidaceae), Stapelia (Asclepidiaceae), Ixia und Freesia (Iridaceae), Haworthia und Gasteria (Liliacea) sowie nicht zu vergessen Pelargonium (Geraniaceae) mit über 230 Arten.

Die Antarktis umfasst die Gebiete der gemäßigten Breiten der Südhalbkugel. Die wenigen größeren Landmassen beschränken sich fast auschließlich auf das Antarktische Festland, Feuerland, Westpatagonien, die Südinsel Neuseelands und ferner die Inselgruppen der Kerguelen und Falklands. Das Florenreich ist vor allem durch spezifische Gattungen gekennzeichnet, deren Vertreter nur hier oder weit überwiegend hier vorkommen. Dazu gehören beispielsweise Acaena (Rosaceae), Azorella (Apiaceae), Gunnera (Gunneraceae), Aristotelia (Aristiteliaceae) oder Nothofagus (Fagaceae).


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